Was mache ich eigentlich in der USA? Abgesehen davon, dass ich mir die Frage anfangs selber häufiger gestellt habe, möchte ich nach einer Woche davon berichten.
Ich bin mir nicht so sicher, was ich erzählen darf und was nicht, weswegen ich mich oberflächlich ausdrücken und im allgemeinen die chemischen Aspekte einfach erläutern werde.
Alles in allem untersuche ich, wie Stickstoffdioxid und Wasserstoff an Platin adsorbieren und weiterreagieren zu Stickstoffmonoxid und Wasser. Dieses System scheint interessant für Abgastechnologien zu sein, weil bekanntlich Stickstoffoxide bei Verbrennungsmotoren entstehen.
Entgegen vieler Erwartungen arbeite ich als (naja, so darf ich mich ja noch nicht nennen) Chemikerin am Computer und nicht im Labor. Meine Ausrüstung besteht aus einem Computerprogramm, das auf quantenmechanischen (= quantenchemischen) Berechnungen beruht. Um das Programm zu bedienen, muss ich mehrere Dokumente erstellen.
Bisher habe ich nur das System Platin/Stickstoffdioxid untersucht. Beispielhaft möchte ich eine Kalkulation erläutern. Zuerst muss ich in einem Dokument die Geometrie von meinem System festlegen: wo sitzt welches Atom? Wo ist ein Platin-Atom, wo ist das Stickstoff-Atom und wo sind die Sauerstoff-Atome. Ich definiere meine Elementarzelle, die beispielhaft so aussehen kann (veranschaulicht):
Wenn ich das getan habe, dann muss ich festlegen, wie viele Untersuchungspunkte es in der Elementarzelle gibt. Jeden Nanometer zu untersuchen würde zu lange dauern und somit zu viel kosten. Vergleichbar ist dies mit einem Arztbesuch, bei dem der Arzt mit einem Stethoskop den Rücken begutachtet. Er nimmt ausgewählte Punkte und untersucht nicht jeden Centimeter, da er bereits mit weniger Punkte auf das (hoffentlich) gleiche Ergebnis kommt.
Im dritten Dokument definiere ich unter anderem mit welcher mathematischen Funktion ich rechnen möchte, was ich überhaupt berechnen möchte und noch einiges mehr. Des Weiteren gibt es ein Skript-Dokument, indem ich dem Computerprogramm sage, wie es mir welche Informationen wo ausgeben soll.
Das fünfte (und letzte Dokument) wird unverändert eingelesen. Wie ich erwähnt habe, geht es um quantenchemische Berechnungen und in diesem Dokument befinden sich die notwendigen Informationen (sehr schlaue Menschen haben diese vor einigen Jahren berechnet!).
So sieht meine Arbeit aus. Was ich noch nicht erwähnt habe ist, dass die Fehlersuche einen wesentlicher Teil der Arbeit ausmacht. Manchmal reicht es aus, wenn eine Leerzeile zuviel im Dokument ist, damit das Programm nicht weiter rechnet. Andererseits können die Ergebnisse in der Form sinnlos sein, so dass ich mir eine andere Geometrie überlegen muss. Die Kalkulationen benötigen ihre Zeit, jedoch gibt es genügend Anderes zu erledigen.
Bei Computersimulationen in diesem Ausmaß kann die Berechnung von Minuten über Stunden bis zu Tagen und Wochen dauern (an einem Supercomputer wohlgemerkt). Die Dauer ist abhängig von der Komplexität des Systems sowie der Fragestellung. Meine bisherigen Kalkulationen haben maximal einen Tag gebraucht.
Meine Arbeitszeiten sind nicht konkret festgelegt. Ich arbeite 40 Stunden in der Woche, die ich mir (relativ) flexible einteilen kann. Das schöne an der Arbeit ist, dass ich nach Hause komme und nicht weiter arbeiten muss. Während meines Studiums habe ich (und werde ich im nächsten Semester wieder) viele Stunden bis spät in die Nacht arbeiten müssen und ich konnte jederzeit etwas für die Uni tun (so viel gab es zu tun). Die aufgewendeten Wochenstunden habe ich lieber nicht gezählt. Die Uni lässt einen schwer los; während ich hier im Praktikum  natürlich auch nach Feierabend an das Projekt denken kann, jedoch nicht muss.
In der nächsten Woche werde ich bereits meine ersten Ergebnisse im Gruppentreffen des Arbeitskreises vorstellen – zum Glück ist mein Englisch gut, so dass es kaum eine Sprachbarriere gibt.
In den ersten drei Tagen des Praktikums habe ich entweder geschlafen oder gearbeitet. Es gab so viel Neues und das sollte ich mir alles merken. Dazu kam der Jetlag, sodass ich nach der Arbeit sehr erschöpft war. Nun weiss ich was zu tun ist, ich weiss wie das Programm funktioniert und mein Gehirn konnte alle gegebenen Informationen gut verarbeiten. Folglich kann ich den Abend geniessen, in den Park gehen, laufen, chatten, skypen u.s.w.. Beim Pokemonspielen habe ich bereits Menschen getroffen, die mich eingeladen haben ein Wochenende bei denen zu verbringen (ungefähr 3 Stunden Fahrt). Ich bin gespannt, ob das klappt.
Ich hoffe, dass dieser Artikel einen kleinen Einblick in meine Tätigkeiten geben konnte und nicht zu kompliziert wurde.
Mareike